Solidarität und internationale Zusammenarbeit unter Druck! Was setzen wir dem entgegen?

Weltweit steht Entwicklungszusammenarbeit ideell, institutionell und finanziell unter Druck: Unmittelbar nach seiner Amtseinführung am 20. Januar 2025 kündigte Donald Trump die Zerschlagung der Entwicklungsbehörde USAID an. Er kürzte über 80 Prozent der Verträge und fror Milliardenbeträge für Hilfsprogramme ein (u.a. Nahrungsmittelhilfen, Malariaprävention und HIV-Aids-Medikamente). Rund 1.600 Mitarbeiter*innen wurden entlassen und fast alle Angestellten im Ausland beurlaubt. Auch wenn Klagen noch anhängig sind, hat Außenminister Rubio das Ende von USAID zum 1. Juli 2025 bekanntgegeben: „Die Behörde habe sich schon vor langer Zeit von ihrem ursprünglichen Auftrag entfernt. Der Nutzen sei zu gering und die Kosten zu hoch gewesen.“ rechtfertigte Rubio die drastische Entscheidung. Künftige Programme werden ausgerichtet nach dem, was für die Vereinigten Staaten am besten sei, erklärte Rubio.
Unverfrorenheit, Brutalität (mit Blick auf die Auswirkungen der Entscheidung für Menschen und Gesellschaften im Globalen Süden) und kaltherziges Verwertungsdenken suchen sicherlich ihresgleichen im internationalen Vergleich. Und doch gab es schon vor dieser für Trump und Musk so typischen, öffentlich zelebrierten Disruption auch von verschiedenen europäischen Staaten (allesamt konservativer werdende Regierungen) massive Kürzungen und Umdeutungen in der Entwicklungspolitik: von England über Dänemark und Schweden bis hin zu den Niederlanden und anderen Ländern. Im Rahmen des letztjährigen VENRO-Forums im Dezember 2024 berichtete Liana Hoornweg vom niederländischen Dachverband PARTOS über zunehmende Angriffe auf feministische Ansätze und die Entwicklungszusammenarbeit in den Niederlanden. Unter Entwicklungsministerin Reinette Klever von der PVV (Wilders Partei) zeichnen sich dramatische Veränderungen ab: Massive Budgetkürzungen von 1,4 Mrd. Euro (2025) auf ca. etwa 390 – 565 Mrd. Euro (2026), eine eindeutige politische Konditionierung der Mittel sowie eine Erhöhung des Eigenanteils bei Förderungen auf 50 % für NRO – eine elegant-perfide Art letztlich simpler Zerschlagung der unliebsamen Zivilgesellschaft!
Deutschland galt in den letzten Jahren – im Vergleich zum europäischen Ausland – als positiv, was die Übernahme von globaler Verantwortung für die zum großen Teil auch in und durch Europa bzw. den Globalen Norden verursachten Probleme im Globalen Süden angeht. Jedoch, auch dieses positive Erscheinungsbild bekam Kratzer, als im letzten Jahr verschiedene Umfragen (DEval-Meinungsmonitor und Pollytix-Studie) aufzeigten, dass die öffentliche Zustimmung zur Entwicklungszusammenarbeit rapide abgenommen habe bzw. als Teile der Presse und Politik über Sinn und Zweck der Entwicklungszusammenarbeit polemisierten (Stichwort „Radwege in Peru“). Nun deutet sich im Koalitionsvertag der neuen schwarz-roten Bundesregierung tatsächlich auch eine Wende in der bundesdeutschen Entwicklungszusammenarbeit an, von der jedoch noch nicht gesagt werden kann, wie paradigmatisch sie sein wird. Fest steht auf jeden Fall, dass es deutlich weniger Geld geben wird und die deutsche EZ zukünftig stärker an den Interessen der Bundesrepublik ausgerichtet werden soll. Hierfür stehen eine Schwerpunktsetzung auf wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Gewichtung von Zugang zu Rohstoffen und Energie sowie die Instrumentalisierung von EZ für Migrationssteuerung und Fluchtursachenbekämpfung. Der Bundesverband VENRO befürchtet, dass die eigentlichen Ziele der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe – die Bekämpfung von Hunger und Armut sowie die Überwindung von Ungleichheit – in den Hintergrund gedrängt werden.
Die Infragestellung von EZ fällt in Deutschland auch in eine Zeit, in der konservative und vor allem rechtsextreme Kreise verstärkt die demokratische Zivilgesellschaft als solche delegitimieren und verunsichern. Zuletzt hatte sich diese Debatte auch an der kleinen Anfrage der CDU-CSU-Bundestagsfraktion „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ entzündet. Mit Blick auf die Situation in Ostdeutschland nach den drei Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im Herbst 2024 und den Bundestagswahlergebnissen vom 23.02.2025 muss noch ergänzt werden, dass in den ostdeutschen Bundesländern die Zivilgesellschaft zunehmend massiv unter Druck der in Teilen gesichert rechtsextremen AfD gerät, die sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene die Zivilgesellschaft frontal angreift: polemisch-verbal, institutionell und finanziell.
Mit dieser Jahresveranstaltung möchte die Stiftung Nord-Süd-Brücken einen Beitrag dazu leisten, erste Antworten und Wege zu finden, wie wir den rechtsextremen, antidemokratischen Disruptionen nicht weiter auf den Leim gehen, sondern vielmehr gemeinsam als Zivilgesellschaft eigene, positive und überzeugende öffentliche Erzählungen von Solidarität und globaler Zusammenarbeit entwickeln. Wir möchten aus anderen Ländern von den Erkenntnissen dortiger Engagierter lernen. Wir möchten kritisch unsere eigenen Ansätze überprüfen und gleichzeitig herausstellen, was bislang gut funktioniert hat. Darüber möchten wir mit Euch und Ihnen ins Gespräch kommen.
Gleichzeitig geben wir ehren- und hauptamtlich Engagierten aus den Vereinen die Möglichkeit, in der verlängerten Kaffeepause mit den Kolleg*innen der Stiftung Nord-Süd-Brücken über Fragen der Projektförderung zu sprechen.
Abschließend soll das Gespräch bei Fingerfood und Getränken fortgesetzt werden.
Zwecks besserer Planung bitten wir um Anmeldung bis zum 13. Juni 2025 unter info@nord-sued-bruecken.de
Wir freuen uns über Eure/Ihre Teilnahme!

Programm

14:00 Uhr Eröffnung & Begrüßung
Lucila Rubio, Stiftung Nord-Süd-Brücken

14:15 Uhr Was wir aus anderen Ländern lernen können (Niederlande, Argentinien und Uganda)

14:30 Uhr Einordnung der internationalen Lernerfahrungen für unsere Debatte
Ingrid Spiller, Vorstandsvorsitzende Stiftung Nord-Süd-Brücken

14:40 Uhr Podiumsdiskussion: Was antworten wir den Gegnern/Skeptikern der Entwicklungszusammenarbeit in Politik und Öffentlichkeit? Was überzeugt und wo müssen wir dazu lernen?
- Åsa Månsson, Geschäftsführerin, Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO)
- José Paca, stellv. Vorsitzender vom Dachverband der Migrant*innenorganisationen in Ostdeutschland (DaMOst)
- Jochen Steinhilber, Abteilungsleiter G, BMZ
Moderation: Willy Vetter, Vorstand Stiftung Nord-Süd-Brücken

15:45 Uhr Die zuständigen Kolleg*innen aus den Förderprogrammen der Stiftung Nord-Süd-Brücken stellen sich vor und sind an Stehtischen in der verlängerten Kaffeepause ansprechbar!

16:30 Uhr Kurze Impulse und Gruppendiskussionen: Was vor Ort schon gut klappt! Beispiele entwicklungspolitischer Ansätze:
a) Dialog statt Spaltung
Konstantin Müller, Magletan e.V., Magdeburg & Christian Mädler, Freiberger Agenda 21 e.V., Freiberg
b) Positive Erzählungen von Zusammenleben und Migration
M. Aman Anosh, Eine-Welt-Landesnetzwerk M-V e.V., Rostock
c) Solidaritätsprojekte und Rückwirkung auf hier
Birgit Mitawi, RAA Brandenburg, Potsdam & Joseline Amutuhaire-Ondrusek, Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V., Dresden
d) Entwicklungspolitik vor Ort einbinden
Simone Holzwarth, Stadt-Land-Move e.V., Werder/Havel & Christiane Schulz, ESTAruppin e.V., Neuruppin
e) Breitere zivilgesellschaftliche Bündnisse
Franziska Weiland, Eine Welt Netzwerk Thüringen e.V. (EWNT), Jena

18:00 Uhr Eröffnung des Büffets

Programm zum Download